Pressebericht über Vortrag vom 27.09.2024 mit TTZ Marburg von Prof Dr. Irene Götz

„Durchschnittlich haben Frauen 60 Prozent der Rente von Männern"
Wie lebe ich mit kleinem Geld in einer großen Stadt? Der Frage ist Dr. Irene Götz nachgegangen.
Von Patrick Robinson
Marburg. „Seit 30 Jahren beschäftigen wir uns mit Altersarmut bei Frauen", postuliert Ortrun Schneider vom Zonta Club Marburg. „Und auch nach 30 Jahren ist das Thema aktuell wie nie." Knapp 60 Zuschauerinnen und Zuschauer haben sich im Technologie- und Tagungszentrum am Freitag, 27. September, eingefunden. Die Lichter sind gedimmt, die Stühle bequem, es gibt Wein und Brezeln zur Erfrischung. Gemütlich wirkt die Atmosphäre, doch der Vortrag, den das Publikum gleich hören wird, hat ein unbequemes Thema – Altersarmut bei Frauen.
Dr. Irene Götz tritt ans Pult. Sie ist Professorin am Institut für Empirische Kulturwissenschaft und Europäische Ethnologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Für ihr Buch „Kein Ruhestand" haben sie von Armut betroffene Frauen interviewt. Die Daten habe sie in München erfasst, übertragbar seien sie trotzdem auf jede deutsche Stadt mit steigenden Lebenshaltungskosten. Denn die Kernfrage laute: Wie lebe ich mit kleinem Geld in einer teuren Stadt?
Die Frauen, die die Kulturwissenschaftlerin nur mit geändertem Namen vorstellt, haben sehr unterschiedliche Lebenswege. Die Lage, in der sich alle nach dem Renteneintritt befinden, sei aber eine ähnliche – Armut. So erzählt Irene Götz von Jovana F., 63 Jahre alt. Von 600 Euro Rente im Monat müsse sie leben, durch Nebenjobs hätte sie ein kleines Zubrot. Trotzdem reiche das nicht. Selbst neue Schuhe könne sie sich nicht leisten.
Im Durchschnitt, so erzählt Irene Götz, haben Frauen 60 Prozent der Rente von Männern. Vor allem alleinstehende Frauen liefen Gefahr, im Rentenalter nicht genug Geld zu haben. Ebenso seien Langzeitarbeitslose und chronisch Kranke statistisch häufiger von Armut betroffen.
„Wir haben indirekten
Sozialismus"
Auch der Minijob, in dem Frauen häufiger arbeiten, sei eine Armutsfalle. „Wir haben einen indirekten Sozialismus", spitzt Irene Götz zu. „Mit Steuergeldern werden niedrige Löhne subventioniert. Weil damit nicht genug Rücklagen fürs Alter gebildet werden, muss das Amt auch bei der Rente unter die Arme greifen." Außerdem seien Frauen traditionell häufiger mit Kindererziehung oder Pflege von Angehörigen beschäftigt als Männer, Arbeit, die im Privaten stattfinde und nicht für die Rente erfasst werde.
Für die Betroffenen sei das eine Demütigung. Teilweise das ganze Leben haben sie gearbeitet, jetzt fühlen sie sich wie Bittsteller, erzählt Irene Götz weiter. Auch weil durch das fehlende Geld kaum eine Teilnahme am öffentlichen Leben möglich sei, werden die Frauen praktisch unsichtbar. Mit Freunden einen Kaffee trinken, mal ins Kino gehen, für viele armutsbetroffene Frauen sei das nicht möglich.
Lösungen, erklärt die Kulturwissenschaftlerin, seien nur gesellschaftlich möglich. Doch ist man selbst von Armut betroffen, gebe es Anlaufstellen. Eine Möglichkeit sei beispielsweise die Vernetzung mit anderen armutsbetroffenen Menschen. Es gebe Einrichtungen und Vereine, die Selbsthilfegruppen organisieren, in denen man sich austauschen kann.
Und für Frauen, die noch vor der Rente stehen, hatte Sonja Haselbauer von der Sparkasse Marburg-Biedenkopf Tipps. Im Anschluss an Irene Götz' Vortrag empfiehlt die Finanzberaterin, sich

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